Endlich wieder 3DEXPERIENCE World!

Das war das gemeinsame Gefühl der Besucher. Man traf sich am Sonntagabend, Vorabend der Konferenz, im Hotel oder in einer der vielen Bars in der Musikstadt Nashville, wo am Sonntagabend ausnahmsweise nicht die Country Musik, sondern der Super Bowl die erste Geige spielte. Drei Jahre hatte man sich nicht gesehen – nun endlich traf sich die SolidWorks-Familie wieder zur traditionellen „World“. Diese Wiedersehensfreude setzte sich am nächsten Morgen fort, als sich die Menge am Eingang der großen Halle des Music City Center zur General Session traf.

In einem neuen Setup im Halbkreis um eine in den Raum ragende Bühne versammelten sich knapp 4.000 Teilnehmer, weitere über 10.000 virtuelle Besucher begrüßte Gian-Paolo Bassi, SVP & 3DEXPERIENCE Works & Customer Role Experience bei Dassault, als er die General Session eröffnete. Wie wichtig Innovation ist, habe sich in den letzten drei Jahren gezeigt, als die Pandemie die Welt in Atem hielt. Er zitierte Albert Einstein: “Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.” 3DEXPERIENCE Works sei eine echte Phantasieumsetzungsmaschine.

Gian-Paolo Bassi, Executive VP of 3DEXPERIENCE Works at Dassault SystemesBassi präsentierte Fabio Pizzato vom italienischen Startup-Unterstützer e-novia – das nichts mit Dassault Systèmes‘ ENOVIA zu tun hat. Eines der Unternehmen, die Pizzato unterstützt, ist Weart, die einen VR-„Handschuh“ entwickeln. Das Gerät sitzt auf drei Fingern und trackt die Bewegung von Hand und Fingern, so dass die eigene Hand in einer VR-Umgebung realistisch dargestellt wird. Der Clou: Das System simuliert an den Fingern Kräfte, Texturen und Temperaturen, sodass virtuelle Gegenstände berührt und gespürt werden können – Bassi sagte, dass er beim Ausprobieren des Geräts eine Flamme berührte und die Hitze sich absolut realistisch anfühlte.

Pizzato zeigte, wie sein Startup Studio Jungunternehmer unterstützt, um deren Ideen in reale Produkte umzusetzen. Hierbei nutzen die Italiener die 3DEXPERIENCE-Plattform als Collaboration-Plattform und SOLIDWORKS, um die Ingenieursarbeit umzusetzen. „Die Plattform gibt uns die Gewissheit, dass unsere Daten sicher verwahrt sind und gleichzeitig alle, die am Projekt beteiligt sind, ihre Daten jederzeit zur Verfügung haben“, so Pizzato.

Der zweite Showcase war Ocean-Based Climate Solutions. Chief Revenue Officer Salvador Garcia präsentierte eine verblüffend einfache Lösung, um gleich mehrere Probleme des Klimawandels zu beeinflussen: Die „Upwelling Pump“ von Ocean-Based pumpt – allein angetrieben von der Energie der Wellen im Ozean – Tiefenwasser aus etwa 400 Meter Tiefe in die Zone, in der Sonnenlicht ins Wasser dringt. Dieses nährstoffreiche Wasser ernährt Phytoplankton, das zum einen als Futter für andere Mikroorganismen und am Ende für Fische dient, sodass die Fischbestände wachsen. Zum anderen sinken die sterbenden Phytoplanktonzellen – die zum Wachsen CO2 aus dem Wasser entnehmen – auf den Meeresboden und speichern so Kohlendioxid, so dass es auf sehr lange Zeit aus dem Kreislauf und damit aus der Atmosphäre entfernt bleibt.

Die Pumpe und ihre Technik wurde komplett in SOLIDWORKS entwickelt und virtuell getestet, um den oft sehr rauen Bedingungen auf dem offenen Meer widerstehen zu können. Auch für Carcia standen beim Einsatz von SOLIDWORKS und der 3DEXPERIENCE die Sicherheit der Daten und die Collaboration-Funktionen im Vordergrund, zusätzlich lobte er das Mietmodell, das hohe Einstiegskosten zugunsten gleichbleibender Mietkosten vermeidet.
Zum Ende seines Vortrags gab Bassi einen echten „Knaller“ bekannt, der im Publikum sehr positiv aufgenommen wurde: Ab 1. Juli 2023 enthält jede SOLIDWORKS-Lizenz Cloud Services.

Bernard Charles, CEO von Dassault SystèmesBernard Charles, CEO von Dassault Systèmes, sprach über das Metaverse und wie sein Unternehmen in wenigen Jahren im Biotech-Sektor erfolgreich wurde. Auch KI war Thema: Charles zeigte, wie künstliche Intelligenz aus Scandatenwolken featurebasierte CAD-Daten erstellt und die Modelle der Model Mania-Wettbewerbe noch effizienter aufbaut als es die SOLIDWORKS-Spezialisten schafften. SOLIDWORKS-CEO Manish Kumar stellte Collaboration und das Entwickeln im virtuellen Raum in den Mittelpunkt seines Vortrags. Modelle werden immer größer, detaillierter und umfassender, virtuelle Tests beschleunigen die Entwicklung und führen zu besseren Ergebnissen.

Suchit Jain, VP of Strategy & Business Development bei SOLIDWORKS, präsentierte eine ganze Reihe weiterer SOLIDWORKS-Kunden, die mit dem System ihre Firmen aufbauten und ihre Träume Realität werden ließen. Als krönender Abschluss der Keynotes sprach ein weiterer SOLIDWORKS-Nutzer: Jamie Siminoff, CEO, Gründer und Schief Inventor von Ring, der mit seiner Video-Türklingel für viel Forore sorgte. Ring hat neben der Kamera 3D-Sensoren und Radar, um Bewegungen vor der Haustür zu erkennen und mit Hilfe eingebauter KI zu klassifizieren. Nur wenn sich Menschen in den Erfassungsbereich von Ring kommen, wird auf dem Smartphone des Nutzers Alarm ausgelöst.

Vom Viermannteam in der Garage zum Weltmarktführer in Sachen Home Security – das erreichte Ring vor allem durch seinen neuen Ansatz, wie Siminoff erklärte: „Wir wollten nicht eine Türklingel entwickeln, sondern die Kriminalität in Wohngebieten reduzieren.“ Inzwischen wurde das Portfolio im Sicherheitsstrahler mit Kamera und Auto-„Dashboard“-Kamers erweitert – alles mit SOLIDWORKS entwickelt. Sein bester Spruch war „Real Innovation looks stupid“ – Wirklich tolle Neuerungen sind so zwingend, dass sie einfach oder trivial wirken. Davon solle man sich nicht beirren lassen. Er sagte auch „Vergesst KI!“ Gehypte Technologie wie ChatGPT wiederkäuten nur die Vergangenheit, neue Lösungen erfordern eine Kreativität, die KI nicht bieten kann.

Am Ende der General Session gab es in gewohnter TV-Karikatur-Manier als „Platform Jones“ einen Ausblick auf SOLIDWORKS 2024. Die Indiana Jones-Parodie fand im alten SOLIDWORKS-Headquarter in Concord eine Diskette mit „lost features“, die in SOLIDWORKS 2024 eingebaut wurden, unter anderem in den Bereichen Baugruppenverknüpfung und Skizzenmuster.

Insgesamt bot der erste Tag der 3DEXPERIENCE World eine General Session mit einer spannenden Mischung aus Engineering, Produktentwicklung, Praxisberichten und Ausblick auf Zukunftsthemen. Es bleibt spannend, was die nächsten Tage bringen!

Ralf Steck

Freelance journalist for CAD/CAM, mechanical engineering and IT
Ralf Steck is a freelance journalist in the fields of digital product development, 3D printing and mechanical engineering. During his 30 years in this field, he has been editor-in-chief of several media in the CAD/CAM and mechanical engineering fields. He runs the blog EngineeringSpot.de, gives talks and writes books about CAD and CNC for Makers. Steck has accompanied SOLIDWORKS since its market launch in Germany and is a Certified SOLIDWORKS Professional.