Im Interview: Die Erfolgsgeschichte vom Armaturenhersteller Hawle zum innovativen Systemanbieter
Hawle Deutschland wurde 1967 in Freilassing im Berchtesgadener Land gegründet und hat sich im Laufe der Jahre vom reinen Armaturenhersteller zu einem unabhängigen Hersteller und Systemanbieter entwickelt. Mit fast 400 Mitarbeitern zählt das Unternehmen heute zu einem der größten Arbeitgeber der Region. Und auch die Kunden können sich freuen: Hawle bietet mit über 5.000 Artikeln und zahlreiche Sonderlösungen ein umfassendes Produktsortiment an, das stetig weiterentwickelt und den individuellen Kundenbedürfnissen angepasst wird. In der Konstruktion und Simulation kommen seit 2016 verschiedene SOLIDWORKS Lösungen zum Einsatz. 2022 wurde für komplexe Simulationen zudem die Software SIMULIA Abaqus angeschafft.
Im Interview gibt Richard Utzmeier, Entwicklungsingenieur bei der Hawle Armaturen GmbH interessante Einblicke in die Einführung und Anwendung der Dassault Systèmes Lösungen.
Herr Utzmeier, wie sind Sie zur Simulation gekommen?
Ich bin seit 2016 bei Hawle und habe sowohl eine Ausbildung zum technischen Produktdesigner als auch ein duales Bachelorstudium in Maschinenbau absolviert. Anschließend habe ich als Werkstudent den Master in Ingenieurwissenschaften abgelegt. Mit SOLIDWORKS CAD habe ich bereits in der Ausbildung gearbeitet. Das Thema Simulation wurde erstmals im Bachelorstudium angeschnitten und hat sofort mein Interesse geweckt. Daher habe ich meine Bachelorarbeit über Topologie-Optimierung geschrieben und mich damals in SOLIDWORKS Simulation eingearbeitet. Im Masterstudium habe ich dann weiterführende Simulationsvorlesungen besucht. Tja, und da ich diese Technologie so spannend finde, ging auch meine Masterarbeit über ein Simulationsthema.
Seit wann setzt Hawle SOLIDWORKS und SIMULIA Abaqus ein?
SOLIDWORKS CAD und SOLIDWORKS Simulation werden seit 2012 verwendet. Später kamen die Lösungen SOLIDWORKS Plastics und SOLIDWORKS Flow Simulation hinzu und seit Anfang 2022 haben wir auch SIMULIA Abaqus im Einsatz. Diese Analysesoftware sehen wir als ideale Ergänzung zu SOLIDWORKS Simulation.
Was waren die Gründe für die Einführung der Dassault Systèmes Lösungen?
SOLIDWORKS CAD hat damals das bisherige 3D-CAD-System abgelöst. Die Simulationsanwendungen wurden sukzessive bei einem größeren Strömungsoptimierungsprojekts eingeführt: zuerst SOLIDWORKS Flow Simulation und dann SOLIDWORKS Plastics für die Analyse von Spritzgussbauteilen. SIMULIA Abaqus wurde zum einen für meine Masterarbeit und zum anderen für große, komplexe Entwicklungsprojekte angeschafft.
Welche Aufgaben werden mit den jeweiligen Softwareanwendungen gelöst?
Alle CAD-Modelle werden bei Hawle in SOLIDWORKS erstellt, weil wir daraus sowohl die Zeichnungen als auch unsere ganzen Produktivdaten ableiten. SOLIDWORKS Simulation nutzen wir für einfachere Simulationen beispielsweise für ein Bauteil, bei dem ein bestimmter Lastzustand herrscht. Mit SIMULIA Abaqus können wir ergänzend mechanische Mehrschritt-Analysen durchführen. Bei einer Dichtung gibt es zum Beispiel einen Vormontage- und einen Hauptmontageschritt und eventuell eine Druckbeanspruchung oder zusätzlich noch eine Relativbewegung zwischen den Bauteilen. Diese komplexe Simulation lässt sich nur über eine Mehrschritt-Analyse abbilden. Zudem nutzen wir Abaqus für die Simulation nichtlinearer Materialien hauptsächlich Gummimaterialien und komplexer Kontakte, bei denen Bauteile aufeinander gleiten oder andere komplexe Kontaktsituationen vorliegen. Und zu guter Letzt führen wir mit Abaqus Topologie-Optimierungen durch. Natürlich gäbe es diese Funktion auch in der Solidworks Simulation Professional Lizenz, die wir jedoch nicht beziehen, sondern die Funktion in Abaqus nutzen.
Wie funktioniert das Zusammenspiel zwischen SOLIDWORKS und SIMULIA?
Der Datentransfer zwischen dem CAD-System und Abaqus geschieht über ein Plugin. Hat man eine Baugruppe oder ein Bauteil geöffnet, lassen sich die Daten bequem nach Abaqus exportieren. Hierzu gibt es einen Button auf der Benutzeroberfläche. Die Daten werden dabei in einem Zwischenschritt mit einem Klick in eine SAT-Datei umgewandelt und anschließend in Abaqus importiert. Bei einer Topologie-Optimierung findet die Rückführung in das CAD-System über das STL-Format statt, um die optimierte Struktur in SOLIDWORKS CAD aufzubauen. Bei allen anderen Simulationen ist für uns einzig und allein der Erkenntnisgewinn wichtig, den wir mit Abaqus erhalten und der uns anschaulich als Bild- oder Videodatei vorliegt.
Wie sieht der Workflow anhand eines typischen Projektes aus?
Der Workflow ist meistens einheitlich. Nehmen wir eine Profildichtung als Beispiel, denn das ist ein typisches Bauteil bei Hawle. Das Bauteil wird also in SOLIDWORKS konstruiert, nach Abaqus exportiert und dort simuliert und bewertet. Anhand der Ergebnisse werden die Änderungen am 3D-Modell vorgenommen. Am Ende hat man eine optimierte Variante vorliegen, die alle Anforderungen und Erwartungen erfüllt, und das fertigungsgerechte Geometriemodell aus SOLIDWORKS dient als Basis für die nächsten Prozessschritte.
Was ich an diesem Vorgang so spannend finde, ist, dass man zwar grundsätzlich bereits bei der Konstruktion sehr viele Überlegungen bezüglich des Verhaltens anstellen kann. Sieht man das Bauteil jedoch in der Simulation und wie sich bei einer Profildichtung die Gummibauteile wirklich verformen, bekommt man völlig neue Einblicke.
Mit Abaqus kann ich sehr komplexe Verformungen und Geometrien in sehr vielen Varianten testen. Ich kann Ideen einfach ausprobieren und das fördert die Kreativität. Beispielsweise lassen sich Modellvarianten testen, die man mit einem physischen Prototypen niemals machen würde, da die Tests zu riskant und die Prototypen zu teuer sind. Die digitale Simulation hat den Workflow daher komplett verändert und bietet Raum für Innovation.
Welche Vorteile ergeben sich daraus für Hawle?
Die größten Vorteile der letzten Jahre ergaben sich hauptsächlich aus den Strömungsoptimierungen mit Flow Simulation. Zum Beispiel konnten starke Verbesserungen beim Durchfluss von Hydranten erreicht worden. Auch mit Plastics wurden Verbesserungen erzielt, hierbei ging es um Prozess- und Bauteiloptimierungen, aber auch um die Druckstufensteigerung von Ventilen. Wir konnten hier eine höhere Festigkeit erreichen, weil wir detailliertere Einblicke in den Spritzprozess bekommen haben.
Mit Abaqus haben sich weitere Vorteile ergeben: Wir können jetzt vom erweiterten Einblick in Dichtungssysteme und andere, komplexere Bauteilsituationen profitieren. In der Realität wäre dieser Einblick nie möglich, da man das Bauteil nicht einfach schneiden und dann noch dasselbe Verhalten erwarten kann. Auch können wir heute sehr mehr ins Detail gehen.
Insgesamt sparen wir uns sehr viele Prototypenzyklen. Das bringt zeitliche und finanzielle Vorteile. Und wir sparen dadurch wertvolle Ressourcen ein, da keine Spritzgussformen nachgearbeitet und weggeworfen werden müssen.
Nachhaltigkeit ist auch bei Hawle ein Thema?
Auf alle Fälle, denn der Umweltschutz ist uns ein wichtiges Anliegen. Zum Beispiel Topologie-Optimierungen können im Bereich Material- und Gewichtseinsparung eine Menge leisten und wir nutzen das. Meine erstes Projekt habe ich vor drei Jahren gemacht. Damals habe ich für meine Bachelorarbeit eine Topologie-Optimierung von einem Bauteil durchgeführt. Dabei ist rausgekommen, dass man ungefähr 10 % Material einsparen kann. Das Ergebnis wurde noch nicht umgesetzt, weil es sich um ein bestehendes Bauteil handelte und die aktuelle Gussform noch weiter verwendet wird. Diese Ressource wollten wir nicht einfach wegwerfen. Sobald aber die Gussform verschlissen ist, werden wir auf das topologieoptimierte Bauteilmodell wechseln.
Welches Fazit ziehen Sie aus Ihrer Simulations-Erfahrung?
Eine einfache Simulation mit Abaqus aufzubauen, dauert deutlich länger als mit SOLIDWORKS. Aber dafür bietet Abaqus auch mehr Möglichkeiten. Denn eins ist klar: je komplexer eine Simulation ist, desto mehr Einstellungen müssen vorab gemacht werden. Beide Lösungen bieten uns daher genau die Ergebnisse, die wir benötigen, um qualitativ hochwertige und nachhaltige Produkte liefern zu können. SOLIDWORKS und SIMULIA Abaqus ergänzen sich perfekt.
Vielen Dank für das Gespräch!
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