Big Data in der Konstruktion: Mit Cortime den Konstruktionsprozess automatisieren

Im Jahr 2014 drehte sich bei der IT-Fachmesse CEBIT alles um Big Data. Bundeskanzlerin Angela Merkel erhob die Daten sogar zu den Rohstoffen des 21. Jahrhunderts. Blickt man nun aber im Jahr 2019 auf das Thema, so hat sich doch Ernüchterung breit gemacht. Nicht nur die CEBIT-Geschichte, sondern auch das Thema der Big Data ist in den Hintergrund gerückt.

Große Konzerne wie Google, Amazon oder Apple sammeln nach wie vor große Datenmengen über ihre Nutzer und werten diese geschickt aus. Somit können sie zielgerichtete Werbung platzieren oder den Bedarf nach neuen Produkten erkennen. Mit den neuen und verschärften Datenschutzbestimmungen (DSGVO) ist dies allerdings sehr schwierig in Einklang zu bringen.

Für den deutschen Mittelstand ist Big Data überhaupt kein Thema mehr und das Ausspionieren ihrer Kunden sowieso nicht denkbar. Im Allgemeinen ist die Kundenbasis nicht groß genug, um neue Wahrheiten aus den Daten zu erhalten. Im direkten Kundengespräch lassen sich die Wünsche des Kunden viel einfacher ermitteln. Auch gehört der vertrauensvolle Umgang mit Kundendaten zu einem der Eckpfeiler der Geschäftsbeziehung.

Mit der SOLIDWORKS Zusatzanwendung Cortime hält Big Data nun aber Einzug in die Konstruktionsabteilungen. Cortime sammelt große Datenmengen über das in der Entwicklung befindliche Produkt und stellt diese übersichtlich zusammen. Positive und negative Einflussfaktoren auf die Produktqualität lassen sich schnell erkennen und somit die Produktqualität optimieren.

Cortime am Beispiel einer Flugzeugtragfläche

Im Folgenden sehen Sie, wie mit Hilfe einer sog. Uncertainty Quantification ein stochastischer Analyseansatz die Produktentwicklung vereinfacht. Als Beispiel dient die Optimierung einer Flugzeugtragfläche. Oberstes Konstruktionsziel ist eine Tragflächengeometrie, welche einen möglichst hohen Auftrieb erzeugt. Allerdings darf das Gewicht der Tragfläche nicht außer Acht gelassen werden. Um diese Ziele zu erreichen, gibt es für den Konstrukteur zahlreiche Variablen zu berücksichtigen. Die Geometrie des Tragflächenprofils lässt sich über die vier Punkte A,B,C und D definieren. Daraus ergeben sich acht Variablen, deren optimale Werte zunächst unbekannt sind. Im herkömmlichen Entwicklungsprozess würde man diese Parameter nun relativ willkürlich wählen und mit Hilfe eines Prüfstandversuchs oder einer Berechnung mit SOLIDWORKS Flow Simulation das Konzept überprüfen. Die Parameter werden solange angepasst, bis eine akzeptable oder funktionsfähige Lösung gefunden ist. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass diese Lösung bereits dem Optimum entspricht.

Mit Cortime ändert sich für den Konstrukteur zunächst nicht viel. Ausgangspunkt für die Optimierung ist ein parametrisches SOLIDWORKS Modell. Die Bemaßungen der Skizzen oder Features lassen sich mit Cortime als Variablen definieren. Der Konstrukteur gibt zusätzlich den Bereich an, in dem die Bemaßung sinnvoll ist. Durch die geschickte Verwendung von Gleichungen in SOLIDWORKS, lässt sich die Anzahl an Variablen sehr stark reduzieren.

In einem zweiten Schritt müssen nun noch Ziele für die Berechnung definiert werden. Dies erfolgt über die in SOLIDWORKS bereits bekannten Sensoren. Mit diesen Sensoren können jetzt die Eigenschaften der Querschnittsoberfläche und der Auftriebskraft als Ziel für die Optimierung definiert werden. Natürlich soll die Querschnittsfläche möglichst gering sein, um die Masse zu minimieren. Die Auftriebskraft dagegen soll maximal sein.

Die verschiedenen Algorithmen von Cortime rechnen nun viele verschiedenen Kombinationen der Variablen durch und speichern die Ergebnisse der einzelnen Sensoren ab. Diese riesige Datenmenge (Big Data) bietet nun die Möglichkeit einer Analyse und Optimierung. Die Ermittlung dieser Datenmengen benötigt zwar mitunter mehrere Stunden, allerdings können die gewonnen Einblicke leicht mehrere Jahre an Erfahrung ersetzen, welche sonst auf herkömmlichem Wege gewonnen werden.

In verschiedenen Ergebnisgrafen können die Abhängigkeiten der einzelnen Variablen auf die Ziele untersucht werden. Als erstes lohnt der Blick auf die Sensitivitätsanalyse. Aus dieser lässt sich der Einfluss einzelner Parameter auf das Gesamtergebnis beurteilen. Auftrieb und Gewicht ist in diesem Beispiel sehr stark vom Maß By abhängig. Diesen Wert sollte man dementsprechend im Auge behalten. Ax und Bx haben kaum Einfluss auf das Gewicht, wohingegen Cx kaum eine Auswirkung auf den Auftrieb hat.

Diese Aussage allein ersetzt vermutlich mehrere Wochen an Windkanaltests.

In einem mehrachsigen Koordinatensystem kann die Wahl der geeigneten Parameter sehr leicht ermittelt werden. Um den maximalen Auftrieb bei möglichst geringem Gewicht zu erhalten, empfiehlt sich für By ein Maß von 1,45 m. Auch mögliche Alternativen werden direkt angezeigt.

Analog hierzu lassen sich natürlich auch die weiteren Parameter für die optimale Flügelform festlegen.

Die Möglichkeit aus allen denkbaren Varianten der Flügelgeometrie auswählen zu können, gewährleistet nicht nur eine funktionierende Konstruktion, sondern stellt auch sicher, dass die optimale Lösung gefunden wurde.

Vorteile für den Konstrukteur

Für den Konstrukteur bieten sich gleich mehrere Vorteile. Zum einen muss er seine Arbeitsweise nicht verändern. Cortime fügt sich nahtlos in die Konstruktionsumgebung von SOLIDWORKS ein. Das Erstellen einer Optimierungsstudie ist schnell geschehen und auch einfach zu erlernen.

Ein weiterer Vorteil ist, dass die Berechnung der einzelnen Parametervariationen vollständig automatisch passiert. Nachdem die Studie erstellt ist, kann sich der Konstrukteur um andere Aufgaben kümmern. Idealerweise wird ein Computer durchgehend mit Optimierungsaufgaben ausgelastet.

Die gewonnen Daten und Erkenntnisse werden direkt von Cortime übersichtlich dargestellt. Das aufwändige Auswerten von Versuchsreihen entfällt vollständig. Sehr schnell lassen sich Erkenntnisse gewinnen und Handlungsempfehlungen ableiten.

Vorteile für den Mittelstand

Die Vorteile des Konstrukteurs wirken sich natürlich auch positiv auf das gesamte Unternehmen aus. Gerade für mittelständische Unternehmen ist es wegen des Fachkräftemangels heutzutage schwer, ausreichend Konstrukteure zu finden. Die Konstrukteure müssen unter Hochdruck geeignete Lösungen finden. Für sinnvolle Optimierungen der Konstruktionen bleibt oft keine Zeit. Hier kommt der automatische Konstruktionsvalidierungsprozess von Cortime zum Tragen. Das Optimieren und austüfteln spezieller Lösungen lässt sich auf den Computer auslagern.

Eine weitere Herausforderung für den Mittelstand sind die oftmals sehr speziellen Anforderungen der Kunden an die Konstruktion. Oftmals führt dies zur Anfertigung von Sonderkonstruktionen, die nur einmalig gebaut werden. Dies bedeutet natürlich auch hohe Entwicklungskosten. Durch die Gegenüberstellung hunderter verschiedener Varianten durch Cortime lassen sich sehr schnell Gemeinsamkeiten erkennen. Auch systemkritische Parameter lassen sich extrahieren. Dies bereitet den Weg hin zu einer Gleichteilestrategie und der Wiederverwendung einzelner Komponenten in zukünftigen Konstruktionen.

Fazit

Neben den bereits etablierten Konstruktionswerkzeugen von SOLIDWORKS Simulation und im speziellen der Topologieoptimierung ergänzt Cortime die Produktentwicklung um die Uncertainty Quantification. Dieser neue Ansatz ermöglicht eine automatische Konstruktionsevaluierung und -optimierung. Momente, in denen keine Zeit für Konstruktionsoptimierungen war, gehören damit der Vergangenheit an. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass der relativ geringe Aufwand einer Berechnung mit Cortime einen nie dagewesenen Einblick in die Konstruktion erlaubt. Mehrere Jahre an Erfahrungswerten aus den herkömmlichen Konstruktionsprozessen lassen sich nun mit wenigen Mausklicks sammeln.

Solidpro GmbH
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